The neighbor who cares

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Marketa ist ein Engel. Mal davon abgesehen, dass sie mich zu hundert Prozent mit ihrer Erkältung angesteckt hat, während wir zusammen an der Übersetzung ihres Testaments gearbeitet haben, oder alternativ während sie mich gedrückt hat, aber das war es absolut wert. Selbst wenn es das Corona-Virus sein sollte und ich übermorgen daran zugrunde gehe.

Sie möchte allen Ernstes mit R sprechen. Zwar konnte ich sie davon abbringen, ihm sagen zu wollen, dass sie sich Sorgen um mich macht, weil der Wartezustand mir nicht unbedingt gut tut (das, wie ich ihr dann erklärt habe, dürfte eh nichts bringen, weil er meinen absoluten Schlimmstzustand am eigenen Leibe erfahren und sich einen Dreck darum geschert hat), aber ihr Unverständnis seiner (Bisher-noch-nicht-) Entscheidung gegenüber ist so immens, dass sie einfach wissen möchte, was in seinem Kopf vorgeht.

Selten hat eine so simple Kombination an Wörtern – „Do you want me to talk to him?“ – eine so umfassende Bandbreite an Gefühlen bei mir hervorgerufen. Ungläubige Dankbarkeit, dass sie das tun würde. Hoffnungslosigkeit, weil es nichts bringen wird. Unsagbare Erleichterung, dass mir geholfen wird. Angst, dass es ihn überfordern und alles noch schlimmer machen könnte. Hoffnung, dass ich danach mehr weiß als vorher, und sei es nur, ob er sich denn schonmal einen Moment genommen hat, darüber nachzudenken. Kaltes Entsetzen im Angesicht der nicht geringen Wahrscheinlichkeit, dass mir die Antworten nicht gefallen könnten, die ich erhalte.

Nun, da ich weiß, dass dieses Gespräch stattfinden wird, bin ich um jeden Tag froh, den es sich hinauszögert. Insbesondere weil R ein langsamer Denker ist und mit jedem verstrichenen Tag mehr Gelegenheit bekommt, sich von der Situation ein Bild zu machen. Wenn er sich von Marketa (die, so zumindest ist mein Eindruck, von der Agilität und allgemeinen Drahtung ihres Denkens her eher in meiner Ecke angesiedelt ist) überrumpelt vorkommt, ist niemandem geholfen.

Außerdem hat er bisher nicht einmal mit Wolfgang gesprochen. Zumindest hat dieser noch nichts Gegenteiliges hören lassen.

Verdammt. Ich verstehe einfach nicht, wie das gehen soll – alles mit sich selbst ausmachen. Wo soll man denn seine Perspektive checken, wenn man immer nur sein eigenes Feedback anhört?

Ich bin wahnsinnig müde. Es wird Zeit, den Kätzchen ihr Essen aufzutischen bzw. aufzutauen, damit ich in zwei Stunden das Zeitliche segnen kann. Morgen wird anstrengend, denn natürlich habe ich bisher noch rein gar nichts geputzt. Und dann möchte Mama auch noch von der Flixbushaltestelle abgeholt werden. Das sind 40 Minuten weniger Zeit zum Saubermachen.

Naja. Immerhin habe ich, wie gesagt, nicht völlig die Kontrolle über den Haushalt verloren, sonst würde mir noch ein ganz anderes Spektakel blühen.

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